Wir nahmen die bevorstehende Landtagswahl im Saarland am 27.03.22 zum Anlass, um die dort antretenden demokratischen Parteien bezüglich ihres Vorgehens gegen die Radikalisierung in Gaming-Communitys zu befragen. Die AfD betrachten wir aus offensichtlichen Gründen nicht als demokratische Partei und haben dementsprechend keine*n ihrer Vertreter*in kontaktiert. Von den übrigen Parteien wollten wir wissen, wie sie zu den genannten Inhalten stehen. Hierzu formulierten wir sechs einfache und direkte Fragen, mit denen wir uns an die jeweiligen Parteibüros wandten.
Von den fünf angeschriebenen Parteien haben drei geantwortet: Die CDU, die SPD und die FDP. Sowohl von der Linkspartei, als auch von den Grünen haben wir leider keine Antwort erhalten.
Die Antworten wurden von uns entsprechend ausgewertet und eine Übersicht erstellt, in welcher unsere Einschätzungen zu den zugesandten Antworten zu finden sind. Zur besseren Übersicht haben wir diese farblich hervorgehoben.
Der Vollständigkeit halber wollen wir euch die eingesandten Antworten nicht vorenthalten. Ihr findet diese hier in unveränderter Form:
1. Wie nehmen Sie die zunehmende Radikalisierung rechtsextremer Bewegungen im Netz wahr?
Antwort der CDU Saar
Das Saarland ist ein vielfältiges Bundesland, in dem Menschen ungeachtet ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orientierung und geschlechtlichen Identität ohne Benachteiligung und Diskriminierung leben sollen. Für Ausgrenzung, Diskriminierung, Nichtwahrnehmung oder gar Gewalt ist in unserem Land kein Platz. Der Schutz vor Diskriminierung jedweder Art ist aus Sicht der CDU Saar daher eine echte Querschnittsaufgabe. Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Bildung, Arbeitsmarktpolitik und Bekämpfung des Extremismus sowie der Gleichstellungspolitik. Schon heute unterliegen beispielsweise im Saarland alle Gesetze und Verordnungen des Landes einer Prüfung unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung. Daher sehen wir die Radikalisierung rechtsextremer Bewegungen im Netz, aber auch in der analogen Welt mit Sorge.
Antwort der FDP Saarland
Die Anonymität des Netzes begünstigt es, dass Menschen ungefiltert ihre Meinung äußern können. Leider können sich somit auch extremistische Gruppen radikaler äußern, als sie es sonst meist machen würden. Dies ist gerade in den sozialen Netzwerken oft erkennbar.
Antwort der Saar-SPD
Die zunehmende Radikalisierung rechtsextremer Bewegungen im Netz ist besorgniserregend. Rassismus, Gewalt, Hass, Intoleranz und Ausgrenzung dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben. Besonderes Augenmerk muss der Verbreitung fremdenfeindlicher, rassistischer und neonazistischer Inhalte über das Internet und soziale Netzwerke gelten. Wir begrüßen die Vorstöße der neuen Bundesregierung, die Ahndung von Drohungen, Beleidigungen oder verfassungs- bzw. menschenfeindliche Äußerungen in der vermeintlichen Anonymität voranzutreiben. Gemeinsam stellen wir uns gegen Hass und Hetze und gegen jede Form des Extremismus. Die größte Bedrohung für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung geht derzeit vom Rechtsextremismus aus. Es ist unsere historische Aufgabe als Sozialdemokrat:innen, diesen zu bekämpfen.
2. Welche konkreten Vorschläge hat Ihre Partei, um gegen Rechtsextremismus/Rassismus/Sexismus/Antisemitismus etc. im Netz und speziell im Gaming-Bereich vorzugehen?
Antwort der CDU Saar
Grundlage einer wirksamen Politik gegen Diskriminierung und Extremismus jedweder Art ist aus Sicht der CDU Saar ein Menschenbild, das von Respekt, Achtung und Toleranz innerhalb einer pluralen Gesellschaft geprägt ist. Die saarländische Antidiskriminierungs- und Gleichstellungspolitik verfolgt daher einen ebenso pluralen Ansatz, der dem Querschnittscharakter der Thematik entlang der Vorgaben des Grundgesetzes, der Saarländischen Landesverfassung und der einfachgesetzlichen Regelungen und Verordnungen im Besonderen Rechnung trägt. Aus Sicht der CDU Saar sollten die bestehenden Instrumente kontinuierlich auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden und bei Bedarf angepasst bzw. erweitert werden. Gerade Erzieherische Angebote, insbesondere in den Bereichen Jugendpädagogik, Jugendmedienschutz, Gesundheitserziehung, Sucht und Kriminalität, Extremismus sowie Missbrauch und Vernachlässigung sind wichtiger Bestandteil gelungener Präventionsarbeit für Eltern, Kinder und Jugendliche. Diese Angebote bauen wir daher flankierend zu den bestehenden innerschulischen Präventionsangeboten vor allem im außerschulischen Bereich mit den etablierten Partnern weiter aus. Um dem Thema Kinder- und Jugendschutz einen noch größeren Wert im parlamentarischen Verfahren beizumessen, werden wir einen ständigen Ausschuss im Landtag des Saarlandes einrichten, der als Kinder- und Jugendkommission fungiert. Wir werden ebenso konsequent gegen Hass und Hetze insbesondere in den sozialen Netzwerken vorgehen. Daher werden wir die technisch möglichen und datenschutzrechtlich vertretbaren Überwachungsinstrumente nutzen und dafür die rechtlichen Grundlagen so schnell wie möglich schaffen. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum; daher setzen wir uns für eine Klarnamenpflicht in sozialen Netzwerken und die unverschlüsselte Bereitstellung von Daten durch Betreiber sozialer Netzwerke für Ermittlungszwecke ein. Zuletzt lehnen wir jede Schwächung oder gar die komplette Abschaffung des Verfassungsschutzes entschieden ab. Der Verfassungsschutz muss vielmehr weiter gestärkt und mit weiteren technischen Werkzeugen ausgestattet werden. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Bedrohungen für unsere Demokratie steigen, wollen wir jede Form von Extremismus mit allen notwendigen Instrumenten bekämpfen.
Antwort der FDP Saarland
Das wichtigste Mittel gegen diese Ideologien ist Bildung. Wo extremistische Meinungen allerdings in einem Rahmen geäußert werden, in dem eine Diskussion nichts mehr bringt und in dem rechtsstaatliche Grenzen überschritten werden, muss der Rechtsstaat eingreifen. Leider sind Polizei und Justizbehörden oft überfordert, weswegen wir einen Ausbau dieser Behörden fordern.
Antwort der Saar-SPD
Strafrechtlich relevantes Verhalten im Netz muss ebenso konsequent zur Rechenschaft gezogen werden wie in Präsenz. Hierzu muss die Polizei personell und technisch entsprechend ausgestattet sein. Außerdem kann mit zunehmender Ankunft des eSports in der Mitte der Gesellschaft auch mehr Einfluss auf Spielerverhalten genommen werden, wenn entsprechende Vereine als Aushängeschilder kompetitiver Spiele wieder einen menschlichen Bezug und Vorbildcharakter ermöglichen.
3. Welche Maßnahmen zur Umsetzung der oben genannten Vorschläge hat Ihre Partei bereits ergriffen? Gibt es von Ihrer Seite konkrete Gesetzesvorschläge für die nächste Legislaturperiode?
Antwort der CDU Saar
In der vergangenen Legislaturperiode wurde auf Drängen der CDU Saar hin u.a. der Verfassungsschutz als elementares Organ zur Erkennung und Bekämpfung von extremistischem Gedankengut auch und gerade im Netz entschieden gestärkt. Darüber hinaus wurde zur Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten, die unter Nutzung von kryptierter Kommunikation (digitale Kriminalität) begangen werden und die einen hohen spezialisierten Ressourcenansatz erfordern, durch Innenminister Klaus Bouillon eine Schulungsinfrastruktur im Cyber-Abwehr-Trainingszentrum (CATZ) aufgebaut. Der nächste Schritt ist aus unserer Sicht die entsprechende Personalisierung mit den notwendigen technischen Spezialisten. Aus Sicht der CDU Saar bedarf es darüber hinaus einer stetigen Evaluierung der bestehenden Programme und Förderkulissen, aber auch der gesetzlichen Grundlagen, um bei Bedarf an den entscheidenden Wirkparametern Anpassungen vorzunehmen. Diesem Ziel sehen wir uns auch in der kommenden Legislaturperiode verpflichtet.
Antwort der FDP Saarland
Konkrete Gesetzesvorschläge haben wir noch nicht. Wir wollen aber Polizei und Justiz ausbauen und spezialisieren. Zudem wollen wir Bildungsprogramme gegen extremistische Meinungen fördern.
Antwort der Saar-SPD
Um Hetzer:innen und potenzielle Täter:innen im Netz und in diversen Messengerdiensten zu identifizieren sowie Radikalisierungswege und Netzwerke zu erkennen, werden wir eine Task Force beim Verfassungsschutz einrichten. Wir beobachten, dass Extremist:innen und „Reichsbürger:innen“, wie auch Nachrichtendienste fremder Staaten versuchen, die Corona-Pandemie für ihre Zwecke zu instrumentalisieren und unsere Demokratie zu destabilisieren. Das werden wir nicht zulassen. Unsere Antwort ist Information, Aufklärung, Prävention und die konsequente Ahndung strafrechtlich relevanter Vorfälle. In der nächsten Legislatur werden wir einen Aktionsplan gegen Rassismus und Antisemitismus erstellen.
4. Gibt es von Ihrer Partei Vorschläge, präventiv gegen aufkommenden Rechtsextremismus innerhalb des Gaming-Bereiches vorzugehen?
Antwort der CDU Saar
Siehe Antwort zu Frage 3. Darüber hinaus Bedarf es zur weiteren Bekämpfung von Rechtsextremismus innerhalb des Gaming-Bereichs aus Sicht der CDU Saar ein abgestimmtes Vorgehen von Bund und Ländern, die sich auch in bundgesetzlichen Änderungen spiegeln können.
Antwort der FDP Saarland
Für den Gamingbereich speziell haben wir aktuell keine Vorschläge, sind aber gerne für Hinweise aus der Szene offen und gesprächsbereit.
Antwort der Saar-SPD
Prävention gegen Rechtsextremismus hat für uns immer einen hohen Stellenwert. Das beste Mittel gegen Rechtsextremismus ist und bleiben Aufklärung und Bildung. Das gilt im Netz genauso wie im Analogen. Wir setzen daher verstärkt auf digitale Bildung und Medienbildung. Sie sind in ihren verschiedenen Dimensionen (u.a. Medienkompetenz und Medienethik) in allen Fächern und über alle Klassenstufen hinweg in den Lehrplänen zu verankern. Medienbildung ist ein wichtiger Baustein demokratischer Bildung in Schule und wesentlich für die Persönlichkeitsentwicklung. Schule hat der Bedeutung des digitalen Wandels Rechnung zu tragen.
5. Für wie sinnvoll halten Sie es, Rechextremismus-Prävention und ‑Aufklärung über Hass im Netz in den Schulen in den Lehrplan, z.B. im Rahmen eines Medienbildungs- und Medienkompetenzkonzepts, zu integrieren? Oder hat Ihre Partei andere Präventionspläne?
Antwort der CDU Saar
Siehe auch Antwort zu Frage 2. Der Schutz vor Diskriminierung jedweder Art und die Bekämpfung extremistischer Tendenzen sind aus Sicht der CDU Saar echte Querschnittsaufgaben. Hierbei spielt auch der Bildungssektor eine wichtige Rolle. Daher werden wir in Abstimmung mit den Schulträgern und den Schüle‑, Lehrer und Elternvertretungen auch darauf hinwirken, die innerschulischen Präventions- und Schulungsangebote im Bereich Extremismus auszubauen. Flankierend zu diesen bestehenden innerschulischen Präventionsangeboten werden wir vor allem im außerschulischen Bereich mit den etablierten Partnern Angebote weiter ausbauen. Um dem Thema Kinder- und Jugendschutz einen noch größeren Wert im parlamentarischen Verfahren beizumessen, werden wir einen ständigen Ausschuss im Landtag des Saarlandes einrichten, der als Kinder- und Jugendkommission fungiert.
Antwort der FDP Saarland
Wir wollen alle Schüler altersgerecht verbindlich im Datenschutz und insbesondere der Wahrung von Persönlichkeitsrechten im Internet schulen lassen. Zudem wollen wir digitale Kompetenzen und den autonomen Umgang mit Desinformation, Hatespeech, Cybermobbing, Datenschutz und Onlinesucht in Schulen fördern. Als Motivation und zur Wahrung eines allgemeinen Standards sollen der Internet-Führerschein und der Social-Media-Pass mit verbindlichen Standards eingerichtet werden.
Antwort der Saar-SPD
Unsere Schulen, das Landesinstitut für Pädagogik und Medien und die freie Jugendarbeit leisten wichtige Aufklärungs- und Qualifizierungsarbeit im Kampf gegen extremistische Aktivitäten und extremistischen Gedankengutes. Diese Arbeit werden wir weiter unterstützen. Am wirksamsten bekämpft man den Terrorismus, wenn man Radikalisierung verhindert. Wir werden Deradikalisierungskonzepte im Strafvollzug und in der aufsuchenden Sozialarbeit stärken, um Gewalt vorzubeugen.
Gedenkstätten machen die Verbrechen der NS-Diktatur und ihre Auswirkungen bis in unsere Zeit sichtbar. Wir wollen die Gedenkarbeit wie auch lebendige Orte jüdischen Lebens und Lebensorte anderer verfolgter Gruppen auch in Zukunft fördern und erlebbar machen. Die Arbeit des Beauftragten gegen Antisemitismus werden wir weiterhin unterstützen.
6. Wie stehen Sie zur Förderung inklusiver und kulturell-diverser Videospiele? Gibt es hier konkrete Pläne?
Antwort der CDU Saar
Die Gamesbranche hat gerade im Saarland ein hohes Kreativ‑, Innovations- und Wachstumspotential. Technologien aus Computerspielen halten Einzug in unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen wie Automotive oder Medizintechnik. Die Spiele selbst stellen längst ein eigenes Kulturgut dar, das insbesondere in den Bereichen Serious Games, Games for Education und Gesundheit neue Möglichkeiten der Pädagogik, der mentalen Fitness und kreativen Unterhaltung bietet. Das Saarland fördert daher aktiv die Spieleentwicklung und die Ansiedlung von Betrieben der Gamesbranche. Stetig zunehmende Gründungen und
Ansiedlungen von Entwicklerinnen und Entwicklern sowie Studios bestätigen dies. Mit der Game Base Saar und einem eigenen GameHub Saar fördert und unterstützt die CDU-geführte Landesregierung gezielt die Entwicklung, den Austausch und die Vernetzung der Games-Branche und der zugehörigen Community mit einem nachhaltigen und ganzheitlichen Ansatz. Im Sinne einer passgenauen Weiterentwicklung wollen wir die saarländische Gamesförderung zeitnah institutionalisieren und im Rahmen der haushälterischen Möglichkeiten finanziell stärken. Zur Nachwuchsförderung, ‑qualifikation und Fachkräftegewinnung wollen wir auch Ausbildungsstandort im Bereich Games werden; hierfür werden wir eine entsprechende Professur einrichten.
Antwort der FDP Saarland
Konkrete Pläne haben wir dazu aktuell keine.
Antwort der Saar-SPD
Im Bereich der Games-Förderung steht für uns der wirtschaftliche Faktor im Vordergrund – ein erfolgreiches Spiel schafft Arbeitsplätze und verbessert damit die Wirtschaftskraft und die finanziellen sozialpolitischen Möglichkeiten des Landes. Auch haben wir aus Gesprächen mit der saarländischen Spieleentwicklerbranche den Eindruck, dass hier sehr inklusiv gearbeitet wird. Eine entsprechende zusätzliche Unterstützung für inklusiv besonders wertvolle Spiele könnte beispielsweise durch einen zusätzlichen Award im Rahmen unseres Landeskonzepts Spieleschmiede Saar berücksichtigt werden.