Your full of shit. When I need your advice on any­thing I will ask. … The tech site is a total clusterfuck—meaningless sto­ries writ­ten by juve­niles. You don’t have a clue how to build a com­pa­ny or what real con­tent is. And you don’t have long to fig­ure it out or your gone. … You are magenalia.

Steve Ban­non in ein­er Email an Milo Yiannopou­los, Novem­ber 2015

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Teil 1: Wie ein rach­süchtiger Ex einen dig­i­tal­en Mob lostritt

Teil 2: Die Allianz der Anti-Feministen

Steve Ban­non (rechts außen) im Weißen Haus; Urhe­ber und Quelle: US-Regierung; Geme­in­frei.

Hin­weis: Auf­grund recht­sex­tremer Inhalte ist es vielfach nicht möglich auf Orig­i­nalquellen zu verlinken. 

2014 ist Steve Ban­non der Chef von Breitbart.com. Er hat zu diesem Zeit­punkt bere­its eine illus­tre Kar­riere hin­ter sich: Zuerst als Invest­ment­banker bei Gold­man Sachs, dann ver­sucht er sich recht erfol­g­los als Film­pro­duzent. Auch mit Spie­len beschäftigte er sich eine Weile, da er Vor­stand der Fir­ma Affin­i­ty Media war, die soge­nan­nte “Gold­farmer” in dem MMO “World of War­craft” beschäftigte (vere­in­facht aus­ge­drückt: Spieler*innen in Niedriglohn­län­dern erspie­len virtuelle Währun­gen, die gegen echte Währung an Spiel­er in reichen Län­dern weit­er­verkauft wer­den). Par­al­lel ist Ban­non auch Mit­glied des Auf­sicht­srates der von Andrew Bre­it­bart gegrün­de­ten Nachricht­en­plat­tform Breitbart.com. Als der Grün­der 2012 uner­wartet stirbt, übern­immt Ban­non die Geschäfte. Doch nach dem Tod von Andrew Bre­it­bart gelingt es nicht, an den vorheri­gen Erfolg anzuknüpfen. Erst Milo Yiannopou­los’ Pro-Gamer­Gate-Artikel hauchen der siechen­den Web­site neues Leben ein und machen aus Bre­it­bart für die Gamer­Gate-Bewe­gung schnell die wichtig­ste Plat­tform für Nachricht­en und Neuigkeit­en, abge­se­hen von Social Media.

Obwohl die Bewe­gung den Deck­man­tel ihres ange­blichen Bemühens um die Inter­esse von Videospieler*innen voll­ständig ver­loren hat, bleibt sie den­noch eine ern­stzunehmende Gefahr, die weit­er­hin ihre Ziele mit Has­skam­pag­nen ver­fol­gt. Im Juli 2015 erlangt die Bewe­gung ihren größten Erfolg, weil die Geschäfts­führerin von Red­dit, Ellen Pao, nach einem erfol­gre­ichen, von Gamer­Gate befeuerten Boykott zurück­treten mussYiannopou­los und sein Team nutzen Bre­it­bart, um diese und andere Aktio­nen anzufeuern und ihnen Aufmerk­samkeit jen­seits der Gamer­Gate-Kanäle zu verschaffen.

Bannon lenkt den Strom um

Wie ein Artikel in Buz­zfeed News 2017 doku­men­tiert, wird Ban­non im Laufe des Jahres 2015 den­noch zunehmend unzufrieden mit seinem Untergebe­nen. Denn Ban­non ist nur solange an den The­men von Gamer­Gate inter­essiert, wie das eigentliche Ziel nicht aus den Augen ver­loren wird: Es geht darum, den Unter­gang des Abend­lan­des zu ver­hin­dern – zumin­d­est in den Augen eines recht­sradikalen Ide­olo­gen wie Steve Bannon.

“Dude—we r in a glob­al exis­ten­tial­ist war where our ene­my EXISTS in social media and u r jerk­ing your­self off w/ mar­gin­a­lia!!!! U should be OWNING this con­ver­sa­tion because u r every­thing they hate!!! Drop your toys, pick up your tools and go help save west­ern civilization.”

Steve Ban­non in ein­er Email an Milo Yiannopou­los, Dezem­ber 2015

Hin­ter der For­mulierung des “west­lichen Zivil­i­sa­tion”, die es zu ret­ten gilt, steckt die recht­sradikale Nar­ra­tive des “Großen Aus­tauschs”, nach der der Europäis­che Kul­turkreis von äußeren wie inneren Mächt­en bedro­ht ist. Der Ver­bre­itung dieser Ide­olo­gie hat­te sich Ban­non bere­its vor sein­er Tätigkeit bei Breitbart.com ver­schrieben. Deshalb gilt es für ihn, den Erfolg von Yiannopou­los und seinen Gamer­Gate-Beiträ­gen weit­er auszubauen. Bere­its 2015 wird Yiannopou­los – mit finanzieller Unter­stützung der Mer­cer-Fam­i­lie, den Mehrheit­seigen­tümern von Breitbart.com – auf die “Dan­ger­ous F*****”-Tour geschickt, bei der er sich als Shoot­ing Star der recht­en Poli­tik an diversen Col­leges in den USA feiern lässt. Doch Ban­non will mehr: Sein Ziel ist eine große poli­tis­che Allianz, die die pop­kul­turell ori­en­tierte und vor allem junge Bewe­gung von Gamer­Gate mit den recht­sradikalen Zie­len und der poli­tis­chen Durch­schlagskraft der etablierten Parteipoli­tik verbindet.

Nach­dem Ban­non seinen Untergebe­nen Ende 2015 unter Druck set­zt, schwenkt Yiannopou­los um und ver­schärft die Gan­gart sein­er Artikel. Diese kul­minieren schließlich im März 2016 in “An Estab­lish­ment Conservative’s Guide to the Alt-Right”, einem Artikel, der von den neurecht­en Vor­denkern Cur­tis Yarvin, Vox Day und dem Gamer­Gate-Aktivis­ten und Neo-Nazi Andrew “Weev” Auern­heimer mitver­fasst wird. Yiannopou­los’ Artikel verbindet dabei die für die Alt-Right charak­ter­is­tis­chen “Pepe”-Cartoons mit dem “Trump Train”, der Unter­stützung der Alt-Right für die zu diesem Zeit­punkt Fahrt aufnehmende Präsi­dentschaft­skan­di­datur von Don­ald Trump.

Der Artikel ist sym­bol­haft für Ban­nons Strate­gie: Der promi­nen­teste Vertreter der Gamer­Gate-Bewe­gung schreibt über recht­sradikale Ide­olo­gie für ein kon­ser­v­a­tives Pub­likum und verbindet dabei die ide­ol­o­gis­chen Kom­po­nen­ten mit bekan­nten Ele­menten der Bewegung:

“Hav­ing once defend­ed gamers, anoth­er group accused of har­bour­ing the worst dregs of human soci­ety, we feel com­pelled to take a clos­er look at the force that’s alarm­ing so many,” schreiben Yiannopou­los und sein Team, um dann von den Gamern gle­ich zum Anti-Fem­i­nis­mus überzuge­hen. “The so-called online ‘manos­phere,’ the neme­ses of left-wing fem­i­nism, quick­ly became one of the alt-right’s most dis­tinc­tive constituencies.”

Der Artikel führt weit­er aus, warum die Neo-Nazis­men der Alt-Right nur iro­nisch zu ver­ste­hen seien und toleriert wer­den müssten, da sie nur dazu dien­ten, die poli­tis­chen Geg­n­er auf die Palme zu brin­gen. Gamer­Gates dif­fuse Aus­rich­tung wird hier Teil eines ide­ol­o­gis­chen Pro­gramms: Gam­ing, Anti-Fem­i­nis­mus und Faschismus.

Im sel­ben Zeitraum erken­nen auch andere rechte Aktivis­ten wie etwa Can­dace Owens die Zeichen und posi­tion­ieren sich an der Schnittstelle von Gamer­Gate und Poli­tik. Owens wird ein Teil von Turn­ing Point USA, ein­er recht­en Stu­den­tenor­gan­i­sa­tion. Turn­ing Point USA lädt auch Yiannopou­los immer wieder zu Vorträ­gen im Rah­men sein­er Tour an Amerikanis­che Col­leges ein, gemein­sam mit den der Jugen­dor­gan­i­sa­tion der Repub­likanis­chen Partei.
Eben­so soll­ten Gamer­Gate-Youtu­ber Carl “Sar­gon of Akkad” und Infowars-Mitar­beit­er Paul Joseph Wat­son sich später erfol­g­los als Poli­tik­er ver­suchen.

All aboard the Trump Train

Während Yiannopou­los seinen durch Gamer­Gate gesteigerten Ruhm nutzt, wen­det sich Ban­non 2016 immer stärk­er der Poli­tik zu: Dank Breitbart.coms bedin­gungslos­er Unter­stützung für Don­ald Trump steigt Steve Ban­non selb­st schließlich zu Trumps Wahlkampf­man­ag­er auf. Ban­non hat inzwis­chen aus­re­ichend Erfahrung in diesem Bere­ich, nicht nur als Chef von Breitbart.com, son­dern auch als Auf­sicht­sratsmit­glied von Cam­bridge Ana­lyt­i­ca, ein­er zwielichti­gen Date­n­analy­se­fir­ma, die in Wahlkampf­ma­nip­u­la­tio­nen während der Brex­it-Kam­pagne ver­strickt war und eben­so wie Breitbart.com zum recht­sradikalen Fir­menim­peri­um der Mer­cer-Fam­i­lie gehört.

Es ist deswe­gen wenig über­raschend, dass diesel­ben recht­en Net­zw­erke, in denen sich Ban­non bere­its seit Jahren bewegt, den Trump-Wahlkampf unter­stützen: Von Cam­bridge Ana­lyt­i­ca bis zu Wik­ileaks, die E‑Mails von Hillary Clin­tons Wahlkampf­man­ag­er veröf­fentlichen.

Auf Trumps Nominierungsparteitag find­en sich dann auch die restlichen Gamer­Gate-Unter­stützer zusam­men: Milo Yiannopou­los lässt sich feiern, Pick­up-Artist Roosh V ist eben­so dabei wie Ver­schwörungs­the­o­retik­er Alex Jones und weit­ere der­ar­tige Gestal­ten. Die Jour­nal­istin Lau­rie Pen­ny doku­men­tiert alles in ihrem Artikel “I am with the banned”. Ihre Schluss­worte sind düster:

“This cul­ture war is being run in bad faith by bad actors who are run­ning way off-script, and it’s bare­ly begun, and there are going to be a lot of refugees.”

Auch anderen sind diese Verbindun­gen schon aufge­fall­en, fall­en ihnen ger­ade auf oder wer­den sie nach Trumps Wahlsieg noch auf­fall­en. Die rechte Karawane zieht inzwis­chen weiter.

Die Rechnung kommt zum Schluss

Trumps Wahlsieg hat einen Preis, nicht nur für die Nation die ihn gewählt hat, son­dern vor allem auch für seine näch­sten Ver­bün­de­ten: Viele der in Gamer­Gate aktiv­en Mit­glieder wen­den sich von der Bewe­gung ab und stattdessen völ­lig Trump und der Alt-Right zu. Viele radikalisieren sich weit­er. Doch dieser Exo­dus bedeuten einen Bedeu­tungsver­lust für die eigentlichen Gamer­Gate-Foren, etwa auf Red­dit oder 8chan, die deut­lich an Durch­schlagskraft ver­lieren und ab Ende 2016 meis­tens kaum mehr als Anhängsel ihrer schw­ergewichti­gen poli­tis­chen Ver­bün­de­ten sind. Milo Yiannopou­los versinkt nach bluti­gen Auss­chre­itun­gen bei sein­er Tour in der Versenkung und schließlich im per­sön­lichen Bankrott, während sein Men­tor Ban­non sich ins Weiße Haus beg­ibt. Dort steigt er zwis­chen­zeitlich sog­ar zu Trumps Stab­schef auf, bevor ihn das­selbe Schick­sal wie so viele andere von Trumps Parteigängern trifft: Er wird im August 2018 sang- und klan­g­los entlassen.

Anschließend reist Ban­non nach Europa, um dort eine paneu­ropäis­che recht­sradikale Allianz unter anderem zwis­chen Frankre­ichs Le Pen, Ital­iens Salvi­ni und der Deutschen AfD zu schmieden. Doch seine Bemühun­gen scheit­ern und er kehrt schließlich in die USA zurück. Hier engagiert er sich in einem Pro­jekt, um Trumps Gren­zwall mit Spenden zu bauen, nur um im August 2020 wegen Ver­dacht auf Verun­treu­ung ver­haftet zu wer­den.

In Teil 4:
Obwohl die Bewe­gung aus der Öffentlichkeit ver­schwindet, bleibt sie ein Vor­bild für neurechte Bewe­gun­gen und deren Strategien.

Weit­er­führende Artikel etc.