Wir nah­men die bevorste­hende Bun­destagswahl zum Anlass, um uns an die netz-/dig­i­talpoli­tis­chen Sprecher*innen der großen Parteien zu wen­den. Wir woll­ten wis­sen, wie sie zu den Inhal­ten, die uns beson­ders wichtig sind, ste­hen. Dafür for­mulierten wir sechs ein­fache und direk­te Fra­gen, mit denen wir uns an die jew­eili­gen Parteibüros wendeten.

Lei­der kön­nen wir nicht die span­nende Gegenüber­stel­lung der ver­schiede­nen Inhalte liefern, die wir uns erhofft hat­ten. Es haben lediglich zwei Parteien geant­wortet; Bünd­nis 90/Die Grü­nen und die SPD. Die Linke teilte uns mit, dass sie lei­der keine Zeit dafür haben. Sprech­er von FDP und Union haben die Anfrage zwar erhal­ten, bis heute aber keine Antworten geschickt. Die AfD betra­cht­en wir aus offen­sichtlichen Grün­den nicht als demokratis­che Partei und haben dementsprechend keine*n Vertreter*in von ihnen kon­tak­tiert. Den­noch möcht­en wir euch die Antworten von Tabea Rößn­er (Bünd­nis 90/Die Grü­nen) und Jens Zim­mer­mann (SPD) nicht voren­thal­ten. Wir haben an den Fra­gen und Antworten nichts verändert.

 

Tabea Rößner, Bündnis 90/Die Grünen

Wie nehmen Sie die zunehmende Radikalisierung rechtsextremer Bewegungen im Netz wahr?

Jed­er Men­sch hat das Recht auf eine eigene Mei­n­ung, aber nicht auf eigene Fak­ten und auf Has­s­botschaften. Die Ver­ro­hung der Diskus­sion­skul­tur im Netz hat in den let­zten Jahren stark zugenom­men. Der organ­isierte Recht­sex­trem­is­mus nutzt Hass und Het­ze sys­tem­a­tisch, um Men­schen einzuschüchtern und aus Diskursen zu ver­drän­gen. Zu beobacht­en ist allerd­ings nicht nur eine Diskursver­schiebung son­dern auch ein Wan­del in der Ansprache. Sog­ar Kinder und Jugendliche wer­den beispiel­weise in Gameschats bewusst für extreme Bewe­gun­gen ange­sprochen. Rechte Gewalt und Hass wollen wir online wie offline mit allen rechtsstaatlichen Mit­teln bekämpfen. Wir fordern, dass Has­s­ge­walt online wie offline kon­se­quent erfasst und ver­fol­gt wird. Dies muss endlich mit der gebote­nen Pri­or­ität erfol­gen. Wer im Netz andere auf men­schen­ver­ach­t­ende Weise belei­digt, zur Gewalt aufruft oder Men­schen bedro­ht, darf nicht unges­traft davonkommen.

Welche konkreten Vorschläge hat Ihre Partei, um gegen Rechtsextremismus/Rassismus/ Sexismus/Antisemitismus etc. im Netz und speziell im Gaming-Bereich vorzugehen?

Für den Umgang mit Hass, Het­ze und Desin­for­ma­tion wer­den wir den effek­tiv­en Umgang mit Nutzer*innenbeschwerden, die tech­nikadäquate Strafver­fol­gung, die Recht­skon­trolle der Anbi­eter und zivil­rechtliche Durch­set­zun­gen verbessern. Hier­für brauchen wir per­son­ell wie tech­nisch best­möglich aufgestellte Sicher­heits- und Strafver­fol­gungs­be­hör­den. Auch muss die Analy­se­fähigkeit der Sicher­heits­be­hör­den im Bere­ich Recht­sex­trem­is­mus in Bezug auf Online-Phänomene und Ver­schwörungside­olo­gien drin­gend erhöht wer­den. Siehe auch die Antwort auf Frage 3.

Welche Maßnahmen zur Umsetzung der oben genannten Vorschläge hat Ihre Partei bereits ergriffen? Gibt es von Ihrer Seite konkrete Gesetzesvorschläge für die nächste Legislaturperiode?

Wir brauchen per­son­ell wie tech­nisch best­möglich aufgestellte Sicher­heits- und Strafver­fol­gungs­be­hör­den. Auch muss die Analy­se­fähigkeit der Sicher­heits­be­hör­den im Bere­ich Recht­sex­trem­is­mus in Bezug auf Online-Phänomene und Ver­schwörungside­olo­gien drin­gend erhöht wer­den. Plat­tform­be­treiber dür­fen beste­hende Rechte nicht aushöhlen, sind für eigene Inhalte haft­bar und müssen beim Mod­erieren von Inhal­ten die Grun­drechte wahren. Große Anbi­eter zahlen eine Abgabe für unab­hängige Beratungsange­bote. Dies bün­deln wir in ein Gesetz für dig­i­tal­en Gewaltschutz, das die Möglichkeit bein­hal­tet, gegen Accounts vorzuge­hen, wenn keine Täter*in fest­gestellt wird. Wir prüfen die Präzisierung des Anwen­dungs­bere­ichs des Net­zDG, mit der auch strafrechtlich rel­e­vante Inhalte bei inte­gri­erten Anwen­dun­gen (Gameschats) erfasst wer­den kön­nen. Bei Entschei­dun­gen darüber, welche Inhalte auf dig­i­tal­en Plat­tfor­men gelöscht wer­den, kön­nen repräsen­ta­tive und zivilge­sellschaftliche Plat­tform­räten unterstützen.

Gibt es von Ihrer Partei Vorschläge, präventiv gegen aufkommenden Rechtsextremismus innerhalb des Gaming-Bereiches vorzugehen?

Die Entwick­lun­gen von E‑Sport und Gam­ing wer­den wir ins­beson­dere im Hin­blick auf Diver­sität, Nach­haltigkeit, Jugend­schutz sowie Medi­enkom­pe­tenz fördern und zusam­men mit Gamer*innen, Ver­bän­den und Wis­senschaft gestal­ten. Ins­beson­dere Kinder und Jugendliche brauchen im Netz beson­deren Schutz. Dafür set­zen wir auf eine Präven­tion­sstrate­gie mit verpflich­t­en­den sicheren Vor­e­in­stel­lun­gen für Plat­tfor­men und alters­gerecht­en und leicht auffind­baren Infor­ma­tions- und Beschw­erdemöglichkeit­en. Die Bun­deszen­trale für Kinder-und Jugendme­di­en­schutz soll in ihren Kom­pe­ten­zen gestärkt wer­den. Die Dien­stean­bi­eter müssen ihrer Ver­ant­wor­tung gerecht wer­den und unter anderem eine Abgabe für unab­hängige Beratungsange­bote für Betrof­fene zahlen. Es bedarf Aufk­lärungskam­pag­nen, aber vor allem müssen die Anbi­eter von Games und Apps in die Pflicht genom­men wer­den durch Infor­ma­tions- und Präventionsangebote.

Für wie sinnvoll halten Sie es, Rechtsextremismus-Prävention und ‑Aufklärung über Hass im Netz in den Schulen in den Lehrplan, z.B. im Rahmen eines Medienbildungs- und Medienkompetenzkonzepts, zu integrieren? Oder hat Ihre Partei andere Präventionspläne?

Wir wer­den Recht­sex­trem­is­mus und ras­sis­tisch motivierten Hass über­all entsch­ieden bekämpfen. Schulis­che und außer­schulis­che Präven­tion­sar­beit leis­ten einen unverzicht­baren Beitrag, damit Men­schen nicht in men­schen­ver­ach­t­ende und Gewalt ver­her­rlichende Ide­olo­gien abgleit­en. Wir set­zen uns für eine bun­desweit ver­net­zte Präven­tion­sstrate­gie ein und wollen die Präven­tion­sar­beit mas­siv aus­bauen. Wir unter­stützen die Entwick­lung von Konzepten in der Medi­en­bil­dung von Schüler*innen und wollen mit ein­er starken Bun­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung und ein­er Bun­deszen­trale für dig­i­tale Bil­dung kri­tis­che Medi­enkom­pe­tenz fördern. Um den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Hass im Netz zu verbessern, wollen wir leicht auffind­bare Infor­ma­tions- und Beschw­erdemöglichkeit­en schaf­fen. Mit­mach- und Medi­enkom­pe­tenz sowie poli­tis­che Bil­dung begreifen wir als Quer­schnittsauf­gaben in Kitas, Schulen und Jugend­hil­fe und wollen sie konzep­tionell und finanziell stärken.

Wie stehen Sie zur Förderung inklusiver und kulturell-diverser Videospiele? Gibt es hier konkrete Pläne?

Wir set­zen uns für eine Ver­ste­ti­gung der Games-Förderung ein und hal­ten es dabei für wichtig, dass diese Förderung ger­ade auch der Entwick­lung gesellschaftlich, kul­turell oder päd­a­gogisch wertvoller Spiele zugutekommt. Bei den let­zten Haushaltsver­hand­lun­gen haben wir uns zudem dafür einge­set­zt, dass 20 Prozent der für die Spieleen­twick­lung vorge­se­henen För­der­mit­tel für die Entwick­lung eines zeit­gemäßen Jugendme­di­en­schutzkonzepts für die Spielein­dus­trie aufgewen­det werden.

 

Jens Zimmermann, SPD

Wie nehmen Sie die zunehmende Radikalisierung rechtsextremer Bewegungen im Netz wahr?

Die zunehmende Radikalisierung recht­sex­tremer Bewe­gun­gen und die Zunahme von Has­skrim­i­nal­ität im Netz sind eine Gefährdung für jede und jeden Einzel­nen und für die offene und demokratis­che Gesellschaft ins­ge­samt. Wir müssen in aller Deut­lichkeit klar machen, dass wir diese Tat­en nicht akzep­tieren und nicht hin­nehmen, son­dern uns mit Nach­druck zur Wehr set­zen, denn aus Worte wer­den oft Tat­en. Dazu müssen wir den rechtlichen Rah­men schaf­fen und den Strafver­fol­gungs­be­hör­den und der Jus­tiz die notwendi­gen Instru­mente geben, kon­se­quent gegen solche Straftat­en vorge­hen zu können.

Welche konkreten Vorschläge hat Ihre Partei, um gegen Rechtsextremismus/Rassismus/ Sexismus/Antisemitismus etc. im Netz und speziell im Gaming-Bereich vorzugehen?

Welche Maßnahmen zur Umsetzung der oben genannten Vorschläge hat Ihre Partei bereits ergriffen? Gibt es von Ihrer Seite konkrete Gesetzesvorschläge für die nächste Legislaturperiode?

Fra­gen 2 und 3 wer­den im Zusam­men­hang beantwortet:

Um effek­tiv­er gegen Straftat­en und ins­beson­dere auch gegen Recht­sex­trem­is­mus und Has­skrim­i­nal­ität im Netz vorzuge­hen und Betrof­fene bess­er zu schützen haben wir mit Blick auf die Sozialen Net­zw­erke kür­zlich das Net­zw­erk­durch­set­zungs­ge­setz (Net­zDG) weit­er­en­twick­elt und hier ins­beson­dere die Meldewege für Betrof­fene vere­in­facht und vere­in­heitlicht und Forscher*innen Zugang zu Dat­en der Net­zw­erke eingeräumt. Neu hinzugekom­men ist zudem die Meldepflicht von strafrechtlich rel­e­van­ten Inhal­ten an das BKA. Auch im Strafrecht und im Straf­prozess­recht gab es erhe­bliche Erweiterun­gen und Ver­schär­fun­gen mit Blick auf die hier genan­nten Straftat­en. Zudem haben wir auch das Jugend­schutzge­setz (JuSchG) nov­el­liert und konkrete Vor­sorge­maß­nah­men fest­geschrieben, die auch Gam­ing-Plat­tfor­men tre­f­fen müssen, um wirk­sam gegen Gefährdun­gen für Kinder und Jugendliche ger­ade auch mit Blick auf Recht­sex­trem­is­mus, Ras­sis­mus, Sex­is­mus, Anti­semitismus, etc. vorge­hen zu kön­nen. Dazu gehören ins­beson­dere schnelle und effek­tive Beschw­erde­m­an­age­ments, ein­fache und leicht auffind­bare Hil­fs- und Beratungsange­bote. Das Gesetz soll Kinder und Jugendliche vor Inter­ak­tion­srisiken wie Mob­bing oder sex­uelle Anmachen schützen, Eltern durch ein­heitliche Alterskennze­ichen eine Ori­en­tierung geben und die Durch­set­zung auch gegenüber aus­ländis­chen Anbi­etern ermöglichen. All diese Geset­zesvorhaben dienen dem Schutz der Men­schen, die bedro­ht und dif­famiert wer­den und sollen die Strafver­fol­gungs­be­hör­den und die Jus­tiz in die Lage ver­set­zen, wirk­sam dage­gen vorzugehen.

Fol­gende weit­ere Maß­nah­men wollen wir noch umsetzen:

  • schnelle und zen­trale Meldestellen und Hot­lines bei den Län­dern – ver­bun­den mit Beratungs- und Unter­stützungsange­boten für Betroffene
  • schnelle und effek­tive Schwerpunktstaatsanwaltschaften
  • tech­nisch und per­son­ell gut aus­ges­tat­te Ermit­tlungs- und Strafver­fol­gungs­be­hör­den, die auch in milieu­typ­is­chen Gepflo­gen­heit­en und Vok­ab­u­lar geschult sind * „dig­i­tale“ Aus­bil­dung für Polizei und Strafver­fol­gung * ver­stärk­ter Ein­satz „klas­sis­ch­er“ Ermit­tlungsar­beit: verdeck­te Ermit­tler in recht­en Grup­pen und Net­zw­erken, auch in geschlosse­nen Grup­pen (z.B. What­sApp-Grup­pen), mas­siv ver­stärk­te „Polizeistreifen“ im Netz, Beobach­tung öffentlich zugänglich­er Foren und Plat­tfor­men (auch BSI – etwa von bekan­nten recht­en Plat­tfor­men oder Doxing-Plattformen)
  • Anpas­sun­gen im Melderecht, Möglichkeit­en von Adresssper­run­gen verbessern
  •  zivil­rechtliche Instru­mente schär­fen, damit Betrof­fene sich bess­er wehren können

Gibt es von Ihrer Partei Vorschläge, präventiv gegen aufkommenden Rechtsextremismus innerhalb des Gaming-Bereiches vorzugehen?

Für wie sinnvoll halten Sie es, Rechtsextremismus-Prävention und ‑Aufklärung über Hass im Netz in den Schulen in den Lehrplan, z.B. im Rahmen eines Medienbildungs- und Medienkompetenzkonzepts, zu integrieren? Oder hat Ihre Partei andere Präventionspläne?

Fra­gen 4 und 5 wer­den im Zusam­men­hang beantwortet:

Voraus­set­zung für einen selb­st­bes­timmten und ver­ant­wor­tungsvollen Umgang mit dig­i­tal­en Inhal­ten und auch im Gam­ing-Bere­ich ist Medi­enkom­pe­tenz. Wir müssen ins­beson­dere Kinder und Jugendliche aber auch alle Bürg­erin­nen und Bürg­er zur dig­i­tal­en Selb­ständigkeit befähi­gen. Dazu zählt beispiel­sweise die Ini­tia­tive „Schau hin“ des Bun­desmin­is­teri­ums für Fam­i­lie, Senioren, Frauen und Jugend, an der sich beispiel­sweise auch ARD und ZDF beteili­gen. Diese Ini­tia­tiv­en müssen wir mit Blick auf alle genan­nten Straftat­en aus­bauen und unterstützen.

Dabei halte ich es für außeror­dentlich wichtig, dass das The­ma Recht­sex­trem­is­mus-Präven­tion und Aufk­lärung über Has­skrim­i­nal­ität – sowie über die Möglichkeit­en, dage­gen vorzuge­hen – Bestandteil in den Lehrplä­nen ist und Ein­gang find­et in Medi­en­bil­dungs- und Medienkompetenzkonzepte.

Es darf aber nicht allein Auf­gabe der Eltern und der Schulen sein: jede und jed­er ist gefragt, aktiv der­ar­ti­gen Äußerun­gen gegen­zure­den und Straftat­en kon­se­quent anzuzeigen. Auch sind natür­lich vor allem auch die die Gam­ing-Unternehmen in der Pflicht, alle Vor­sorge­maß­nah­men zu tre­f­fen und auch Präven­tion­sange­bote anzubieten.

Wie stehen Sie zur Förderung inklusiver und kulturell-diverser Videospiele? Gibt es hier konkrete Pläne?

Es ist gut und richtig, dass wir in dieser Leg­is­laturpe­ri­ode eine sub­stanzielle und ver­stetigte Förderung von Games zur Entwick­lung qual­i­ta­tiv hochw­er­tiger dig­i­taler Spiele in Deutsch­land auf den Weg gebracht haben. Dies ist auch drin­gend notwendig, um – auch mit Blick auf ver­gle­ich­bare europäis­che Län­der­förderun­gen und im Inter­esse eines lev­el play­ing fields – den Entwick­ler­stan­dort Deutsch­land zu stärken und inter­na­tion­al wet­tbe­werb­s­fähig zu machen. Alle für die Förderung vorge­se­henen Pro­jek­te müssen den so genan­nten „Kul­tur­test“ beste­hen. Ich unter­stütze den Vorschlag, dass hier­bei ver­stärkt auch die Kri­te­rien inklu­siv­er und kul­turell-divers­er Videospiele berück­sichtigt wer­den sollten.