Inhalt
Dieses Dossier ist in Zusammenarbeit von Keinen Pixel den Faschisten! und Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V. entstanden.
Vorwort
Am 28. August 2020 sollte auf einer großen Entwicklerkonferenz ein Panel mit dem Thema “developers against violence, anti-semitism, racism, facism, sexism and discrimination” stattfinden. Als Gast wurde dazu das Entwicklerstudio Destructive Creations eingeladen, die in diesem Rahmen ihr neues “antifaschistisches” Spiel War Mongrels vorstellen wollten. Das Panel fand nie statt, nachdem Verknüpfungen zur rechtsextremen Szene des Studios bekannt wurden.
Etwa ein Jahr später soll dieses Spiel nun erscheinen. Dies nehmen wir zum Anlass, dieses Dossier zu veröffentlichen.
Damals wie heute wird weitgehend unreflektiert über das Spiel sowie das Studio dahinter berichtet. Denn hinter Destructive Creations stehen, so werden wir belegen, Menschen, die nur sehr schwer als Antifaschisten bezeichnet werden könnten.
Auch die Darstellung der Geschichte, wie sie in War Mongrels gezeigt werden soll, muss kritisch hinterfragt werden. Wir fühlen uns nicht wohl damit, dass Destructive Creations historische Handlungen des 2. Weltkrieges in ihrem Sinne neu interpretiert.
Daher werden wir in diesem Dossier vorstellen, wer hinter Destructive Creations steht. Anschließend werden auch die vier Spiele des Studios von uns beleuchtet.
Studio-Dossier inklusive Detailbetrachtungen der Spiele und Rezeption
Im Oktober 2014 ereilte das polnische Entwicklerstudio Destructive Creations (kurz DC; Hatred, Ancestors Legacy, IS Defense, War Mongrels) ein schwerwiegender Vorwurf – die Geschäftsführung und einzelne Mitarbeiter*innen sympathisierten offen mit rechtsextremen Organisationen. Auf Tumblr und Polygon wurde der CEO Jarosław Zieliński mit Screenshots seines Facebook-Profils konfrontiert, auf dem er die rechtsextreme Liga Obrony Rodziny (Liga zur Verteidigung der Familie) geliked hatte.
Auch seine zwei langjährigen Mitarbeiter Marcin Kaźmierczak und Jakub Stychno sollen den zentralen Playern der rechtsextremen Organisationslandschaft Polens gefolgt sein: dem ONR (National-Radikales Lager) und der MW (Allpolnische Jugend). Beide Organisationen existierten bereits in den 1920er und ‑30er Jahren und verfolgten das Ziel eines großpolnischen Reiches nach faschistischem Führerprinzip, totalitärer Gesellschaftsordnung und Ghettoisierung und Liquidierung aller jüdischen Pol*innen. Ihr Ziel auch heute noch: ein katholischer Staat polnischer Nation.
Auf Nachfrage von Polygon.com reagierte Zieliński abwiegelnd:
My grand-grand father was killed by Gestapo. Some members of my family were fighting against nazi occupation in the Polish underground army called ‚Armia Krajowa’. My forefathers suffered greatly because of totalitarian regimes, so who the fuck would I be if I’d truly support any of Nazi activists.
Auch Kaźmierczak insinuierte 2014, dass es einen polnischen Rechtsextremismus vor dem Hintergrund deutscher Verbrechen im Zweiten Weltkrieg nicht geben könne:
Nazi Germany is responsible for killing 6 million people in Poland. Half of them were Jews, half of them Polish. My family suffered many losses during the World War II. Anybody accusing me for being a follower of said ideology should really think twice before doing so and consider reading some books on the topic. … Values like pluralism, democratic opposition and the right to manifest one’s own views shouldn’t be called ‘the lack of tolerance’. Finally regarding my attitude towards gays let me just say that I have a few gay friends that I deeply respect as people and have no problem with their sexual orientation.
Dass sich freilich auch polnische Organisationen der Zwischenkriegszeit zur faschistischen Organisationsfamilie zählten und offen totalitär-faschistische und antisemitische Gesellschaftsvisionen mit Gewalt einforderten, ist sowohl von der polnischen als auch internationalen Historiographie ausführlich untersucht worden. Die historische MW und das ONR waren vor 1939 maßgeblich für die Einführung sogenannter „Arier-Paragraphen” in Berufsverbänden verantwortlich. Mithilfe bisweilen tödlicher Ausschreitungen gelang ihnen die Einführung von Zulassungsbeschränkungen für jüdische Pol*innen an den Universitäten des Landes. Mit Attentaten auf jüdische Einrichtungen verfolgten MW und ONR ein gemeinsames Ziel: die Ausgrenzung, Ghettoisierung und Liquidierung des polnischen Judentums, wie es in einer ihrer Zeitungen 1939 hieß. Man zählte sich zur faschistischen Organisationsfamilie Europas. Mit Beginn der deutschen Besatzung lösten sich die Organisationsformen von MW und ONR zwar auf, ihre Netzwerke bestanden aber fort. Sie beteiligten sich aktiv an der Verfolgung und Ermordung von Juden im besetzten Polen und forderten noch im September 1944 – nach der Befreiung des Vernichtungslagers Majdanek – ein “entjudetes Polen”. Nach 1944 gelang es dem Führungszirkel des ONR, sich erfolgreich als national-bolschewistisches Netzwerk neu zu erfinden. Führende ONR-Figuren übernahmen leitende Positionen in der Volksrepublik Polen als Staatsräte und Senatoren. Während der antisemitischen Kampagne von 1967/68 waren diese Vorkriegsfaschisten treibende Kräfte: zahlreiche jüdische Pol*innen und Holocaust-Überlebende wurden unter antisemitischen Vorzeichen des Landesverrats bezichtigt und mussten ihre polnische Heimat unter Zwang verlassen. Mit dem Ende des Sozialismus in Polen wurden das ONR und MW zum Ende der 1980er, bzw. Anfang der 1990er Jahre, unter alter Bezeichnung und Ästhetik der Vorkriegszeit neu gegründet.
Seit den Vorfällen um Hatred 2014 hat CEO Jarosław Zieliński seine Gefällt-mir-Angaben auf Facebook auf privat gesetzt. Da Facebook seit 2018 zudem die neo-faschistischen Organisationen ONR und MW gebannt hat, weisen folgerichtig auch die Profile von Kaźmierczak und Stychno keine Verbindung mehr mit den ihnen zum Vorwurf gemachten Gruppen auf. Zumindest auf den ersten Blick: denn vom Vorwurf der rechtsextremen Gesinnung kann sich Destructive Creations nach Recherchen von Keinen Pixel den Faschisten! und Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V. dennoch nicht lösen.
Auf seinem öffentlich einsehbaren Facebook-Profil postet und duldet CEO Zieliński regelmäßig LGBTQIA+-feindliche, nationalistische, antisemitische und antimuslimische Kommentare. Auch seine Mitarbeiter*innen liken Posts mit rechtsextremen Inhalten, teilen entsprechende Inhalte und folgen einschlägig als rechtsextrem bekannten Gruppen und Politiker*innen.
Gerade der harte Kern langjähriger Entscheidungsträger*innen um CEO Zieliński teilt ein rechtsextremes Weltbild und lässt dieses augenscheinlich in das Gamedesign und Storytelling seiner Produkte mit einfließen. Interessanterweise überdacht Destructive Creations dabei zwei miteinander konkurrierende Lesarten von Rechtsextremismus: einen totalitär-katholischen, neofaschistisch geprägten Nationalismus einerseits (dazu gehören bspw. das ONR und MW), und einen slawisch-neuheidnisch geprägten Nationalismus andererseits. Beide Strömungen zelebrieren gleichermaßen das Mittelalter als goldene Epoche einer ethnisch-kulturellen „Reinheit“. Während der neofaschistisch-katholische Zweig die Zeit nach dem Jahr 996 – der Christianisierung Polens – als Ideal imaginiert, orientiert sich der Neopaganismus in Polen an jenen Slawenfürsten, die sich der Christianisierung und damit der „Verunreinigung“ der ethnischen Identität widersetzt haben.
Trotz dieser sich beißenden Grundsätze haben sich beide Strömungen in Polen zu einer strategischen Gemeinschaft zusammengefunden – so kooperieren die Neuheiden mit dem Ruch Narodowy (Nationale Bewegung), einer im polnischen Parlament vertretenen rechtsextremen Partei, die aus einem Zusammenschluss aus ONR und MW hervorgegangen ist. Zusammen mit dem ONR und MW organisiert der Ruch Narodowy jährlich den größten rechtsextremen Aufmarsch Europas, den sogenannten Marsch der Unabhängigkeit in Warschau am 11. November, an dem auch deutsche Rechtsextreme von PEGIDA oder der Identitären Bewegung teilnehmen. Das nachfolgende Bild vom Aufmarsch aus dem Jahr 2018 zeigt, neben der polnischen Nationalflagge in Weiß-Rot, das seit 1934 unveränderte Symbol des ONR auf grünem Grund sowie die schwarz-weiß-rote Beflaggung der italienischen Neofaschisten der Nueva Forza.
Marcin Kaźmierczak, VfX-Artist
Der Ruch Narodowy steht besonders bei Marcin Kaźmierczak (Mai 2014 bis Oktober 2020 VfX Artist bei DC) hoch im Kurs. Kaźmierczak folgt dem Parteivorsitzenden (Robert Winnicki) und dem Partei-Vize (Krzysztof Bosak) auf Facebook, wo er mit Klarnamen angemeldet ist. Außerdem gefallen ihm eine Reihe anderer rechtsextremer Parteien, wie bspw. die „Nowa Prawica” (Neue Rechte) und deren Jugendsektion Sekcja Młodzieżowa:
Auf folgenden Bildern sind Robert Winnicki und Krzysztof Bosak als Redner bei Veranstaltungen der neo-faschistischen Organisation Ruch Narodowy und der von Facebook gebannten neo-faschistischen Organisationen ONR (grüne Flaggen) sowie MW (schwarze Flaggen) zu sehen:
Auf Bild 4 ist der Partei-Vize des neo-faschistischen Ruch Narodowy mit dem in der rechtsextremen Szene beliebten Modelabel „Red is Bad” abgebildet – ein Label, das auch dem langjährigen Destructive Creations-Mitarbeiter Kaźmierczak gefällt:
Neben zahlreichen weiteren Hassgruppen gegen die LGBTQIA+-Community, Frauenrechte, Juden, Muslime und Linke, sticht ein Interesse besonders hervor: die rechtsextreme Zeitschrift W Pół Drogi: Pismo Idei Nacjonalistycznej (Auf halbem Weg: Zeitschrift der nationalen Idee):
W Pół Drogi propagiert offen die faschistische Ideologie des National-Radikalen-Lagers ONR, setzt sich somit für eine nationale Revolution, eine totalitär-katholische Gesellschaftsordnung und ein ethnisch homogenes sowie LGBTQIA+-feindliches Polen ein. Hier werden Interviews mit ehemaligen und aktuellen Anführern des ONR und des Ruch Narodowy geführt, rechtsextreme Videoportale empfohlen und mithilfe popkultureller und szenetypischer Glitch-Ästhetik neue Trends im Rechtsextremismus beworben.
Das faschistische Magazin versteht sich außerdem als Netzwerkmedium der europäischen Rechtsextremen; hier finden sich Interviews mit Vertreter*innen bspw. aus Frankreich (Dissidence française) oder Griechenland (Goldene Morgenröte). Kein Wunder, schließlich wird das Magazin von der polnischen Spielart des III. Weg (in Deutschland eine rechtsextreme Kleinpartei, auf Polnisch Trzecia Droga bzw. 3Droga) angeboten.
Das Symbol ist auch bei rechten Steam-User*innen beliebt.
Doch auch in den Produkten von Destructive Creations findet die Rune direkten Eingang, wie im Untertitel LEGACY unten zu sehen ist.
Hier der Bildnachweis, dass es sich bei diesem Profil tatsächlich um den Destructive Creations-Mitarbeiter Marcin Kaźmierczak handelt. Bei seiner Ankündigung im November 2020 zu Carbon Studio VR zu wechseln, kommentierte Destructive Creations-Chef Jarosław Zieliński den Abgang seines Mitarbeiters mit größter Wertschätzung.
Jarosław Zieliński, CEO
Zieliński ist auf diesem Mitarbeiterbild von Destructive Creations vor dem Firmensitz im Gliwice im Jahre 2016 zu sehen. Sein Pullover zeigt das Emblem der Narodowe Siły Zbrojne NSZ (Nationale Streitkräfte), die während des Zweiten Weltkrieges gegen die deutsche und sowjetische Besatzung kämpfte. Die NSZ gingen 1942 aus dem faschistischen ONR der 1930er Jahre hervor – die NSZ-Soldaten haben Kriegsverbrechen an der belarusischen, ukrainischen und jüdischen Zivilbevölkerung sowie an kommunistischen Pol*innen verübt.
Nach den Vorwürfen von 2014 hat Zieliński seine öffentlich einsehbaren Likes gesperrt. Dennoch fällt er durch zahlreiche LGBTQIA+-, Islam- sowie linkenfeindliche Kommentare auf.
Auf diesem LGBTQIA+-feindlich intendierten Post einer rechten Facebook-Gruppe kommentierte ein enger Vertrauter von Zieliński mit einem Flammenwerfer-GIF. Zieliński und auch einem weiteren DC-Mitarbeiter (Jakub Stychno bzw. Jakub ES) gefällt das GIF:
Zieliński führt unter diesem Thread weiter aus:
Ich halte einen Jungen, der sich als Weib verkleidet, nicht für einen gesunden Menschen.
Ich halte einen Jungen, der Transen unter Kindern befürwortet, nicht für einen gesunden Menschen.
Ich finde, dass durchgeknallte Personen überhaupt keine Möglichkeit haben sollten, Zugang zu Bildungsstätten für Kinder zu erhalten. Change my fucking mind, erstbestes Linksgesocks.
Zustimmung erfährt dieser Kommentar von 24 Personen, darunter von einigen Mitarbeiter*innen von Destructive Creations: To Masz (echter Name unbekannt) und Jakub ES (Jakub Stychno). Letzterer ist bereits 2014 als Anhänger des ONR auffällig geworden.
Hier sind beide auf dem aktuellen Gruppenfoto von 2018 zu sehen:
An anderer Stelle kokettiert Zieliński damit, nach gängiger Definition ein Nazi zu sein:
Folgendes Gespräch fand unter diesem Schaubild statt:
Pioter Sulecki
Und darf ich auch direkt „yes“?
Jarosław Zieliński
Also ich habe mich bereits daran gewöhnt, dass ich nach neuestem Verständnis des Wortes auch unter diese Kriterien falle.
Du hingegen insgesamt nach jedem Verständnis des Wortes. 😊
Linke und antifaschistische Arbeit sieht Zieliński als kapitalistisches Instrument gegen die Arbeiterschaft. „Genau so sehe ich das“ schreibt der Destructive Creations-Chef und toleriert antisemitische Kommentare auf seinen Post:
Pioter Sulecki
Fuck […], jedenfalls sind die Nasen der Eliten zu klein.
Das rechtsextreme Feindbild der jüdischen Finanzelite verschmilzt hier mit der besonders in Polen virulenten Mär der sogenannten Judäo-Kommune: die Vorstellung, dass der historische Bolschewismus ein jüdisches Herrschaftsinstrument zur Vernichtung der christlich-polnischen Gesellschaft war. Seit 1919 ist dieses antisemitische Narrativ ein fester Bestandteil in nationalistischen Milieus in Polen.
Die gegenwärtige Adaption einer vermeintlich ewigen Feindschaft der Juden gegenüber Polen nimmt Historiker*innen, Holocaust-Forscher*innen, jüdische Organisationen und die israelische Polenpolitik in den Fokus. Polen sei – so Zieliński – nach Palästina das nächste Opfer Israels:
Das von Zieliński beworbene Video wurde von Youtube zwischenzeitlich bereits gesperrt. Es stammt vom selbsterklärten amerikanischen Polen-Experten und Historiker Edward Reid und verbreitet die antisemitische Mär einer gezielten Ausbeutung Polens durch Juden, durch Israel, durch eine „Holocaust“-Industrie:
Maciej Pryc, Gameplay Programmer 2014–2019
Maciej (Spitzname Maciek) Pryc ist aktives Mitglied der neuheidnischen Reenactment-Gruppe Nordlige Sverda Hird. Die Mitglieder dieser Gruppe imaginieren sich als nordisch-slawische Gemeinschaft und gehören damit einer größeren Bewegung des slawischen Neuheidentums mit offenen Flanken in die rechtsextreme Szene an. In der Tradition des Neo-Paganismus des 19. Jahrhunderts und insbesondere der 1920er und ‑30er Jahre sind die Grenzen zwischen slawischem Neuheidentum und Antimodernismus, Antisemitismus und Nationalismus fließend. Auch Gruppen, die sich selbst als unpolitisch bezeichnen und angeblich rein historische Interessen verfolgen, haben in der Vergangenheit immer wieder Überschneidungen mit der rechtsextremen Szene aufgewiesen. Kein Wunder: schließlich ist der rechte Sehnsuchtsort „Mittelalter” in den Narrativen des polnischen Nationalismus seit Jahrzehnten als gesellschaftliches Idealbild stilisiert worden. Wo aber Neofaschist*innen einen katholischen Kirchenstaat herbeisehnen, träumen die Neuheid*innen von einer Zeit vor der Christianisierung. Ähnlich wie bei dem Neuheidentum im NS gilt auch hier: die Christianisierung gilt als „Verjudung”, als „Verunreinigung“ und als Verlust einer vermeintlich originär-kollektiven, ethnischen, slawischen Identität.
Es ist kein Zufall, dass das Konzept des preisgekrönten DC-Games Ancestors Legacy diese erst mit der Moderne erdachte und historisch unzutreffende Lesart einer Ursprünglichkeit und Homogenität der jeweiligen Völker aufgreift und als historische Fakten verkauft. Die Darstellung dieser ex post zu Idealvölkern stilisierten Spielmodi ist, gerade wegen des nationalistischen Mindsets der Spieleentwickler*innen, bei Destructive Creations hoch problematisch.
Auf folgendem Screenshot der Nordlige Sverda Hird ist Maciej Pryc mit sogenanntem Valknut oder Wotansknoten auf der Brust zu sehen; ein Symbol das weltweit als Zeichen des rassischen Ahnenkults verwendet wird:
Maciej Pryc, der sich selbst nach der Wikinger-Legende „Hoskuld“ nennt, gehört augenscheinlich zum Führungszirkel der neuheidnischen-Reenactment-Gruppe und ist auf zahlreichen Bildern von Nordlige Sverda Hird zu erkennen. Da Pryc keine Gefällt-Mir Angaben bei Facebook macht und sonst auch kaum auf Bildern getagged wurde, lohnt sich ein Blick in die Gefällt-Mir-Angaben jener Nordlige Sverda Hird-Mitglieder, die augenscheinlich mit Pryc zum Führungszirkel gehören, um eine Einschätzung zum politischen Common-Sense in diesem Milieu zu treffen. Typisch scheint dabei zunächst die selbstverständliche Nutzung nordisch-slawischer Symbole wie dem Kolovrat, der insbesondere im ostmittel- und osteuropäischen Rechtsextremismus geläufig ist:
Die Mitglieder der Reenactment-Gruppe von Maciej Pryc weisen ähnliche neuheidnisch-nationalistische Profile auf, wie bereits seine Arbeitskolleg*innen bei Destructive Creations: Geliked werden Aktivisten des rechtsextremen Ruch Narodowy oder rechtsextreme Parteien wie Partia Korwin. Besonders häufig gefällt den Mitgliedern aber die Gruppe Nie dla Islamizacji Europy (“Nein zur Islamisierung Europas”):
Die Gruppe Nie dla Islamizacji Europy hat nahezu 300.000 Abonnent*innen und dient als Plattform für einen aggressiven, antimuslimischen Rassismus und Nationalismus im Sinne des Ruch Narodowy. Wie am folgenden Beispielbild der Gruppe zu sehen ist, werden historische Narrative mit rechtsextremenen Feindbildern verwoben und so eine unveränderte Mission der polnischen Nation suggeriert. Hier reiten die legendären Flügelhussaren, wie sie in der Schlacht vor Wien 1683 gegen das osmanische Heer zum Einsatz kamen, zum Sturm gegen die vermeintlichen Feind*innen Polens: Migrant*innen und insbesondere männliche Migranten. Dieser “Protest gegen Migranten” wird stets als historische Mission gegen eine “islamistische Invasion” Polens portraitiert.
Weitere Mitarbeiter von Destructive Creations
Die Beliebtheit der Gruppe Nie dla Islamizacji Europy zeigt sich auch im Destructive-Creations-Team. Geliked hat diese nämlich auch Marcin Kaźmierczak sowie ein weiterer Mitarbeiter mit dem Alias „Robert Artur von Ritter”:
Antimuslimischer Rassismus und Antisemitismus sind darüber hinaus Leitmotive des sogenannten NSBM – Nationalsozialistischer Black Metal. Auffällig ist, dass gerade die Bands, die bei DC-Mitarbeiter*innen beliebt sind, häufig einen paganistischen Einschlag aufweisen. Kamil Boczkowski – 3D Animator bei DC – gefällt zum Beispiel die Band Perunwit:
Perunwit ist eine von zahlreichen Bands, die in der neopaganistisch-nationalistischen Szene populär sind. Die polnische Antirassismus-Stelle NIGDY WIĘCEJ und ihr Leiter, der Politikwissenschaftler Rafał Pankowski, zählen Perunwit zweifellos zum sogenannten NSBM. Auf einer Fanseite teilte die Band Perunwit ihren Fans mit:
“A jak powinna wyglądać EUROPA? Bez żydów, murzy-nów, nierobów, boga JAHVE i innego robactwa!” (Pankowski 2009)
„Wie sollte EUROPA aussehen? Ohne Juden, [N‑Wort], Schnorrer, den Gott JAHVE und anderes Ungeziefer!“
Großer Beliebtheit erfreuen sich sowohl unter den DC-Mitarbeiter*innen als auch in der neuheidnischen Szene Tattoos mit entsprechender Symbolik. Bei Destructive Creations ist dafür Cyprian Listowski zuständig.
Motive sind auch hier das Kolovrat bzw. slawische Sonnenrad:
Tatsächlich gilt das Kolovrat als beliebtes Symbol insbesondere unter osteuropäischen Rechtsextremen und findet insbesondere über den Weg historischer Reenactments und Wikinger-Shows Eingang in die Mitte der Gesellschaft. Expert*innen für Ur- und Frühgeschichte warnen mit Blick auf die Unterwanderung der Reenactment-Szene vor Symbolen wie dem Kolovrat, das kaum auf archäologische Funde zurückgeht, sondern vom NS und insbesondere der SS genutzt wurde.
Zusammenfassung
Die Menge an Verbindungen zwischen Mitgliedern von DC und rechtsextremen Organisationen, Parteien und sonstigen Gruppen deutet darauf hin, dass die bereits vor Jahren geäußerte Kritik an Destructive Creations noch immer berechtigt ist. Inzwischen versucht das Studio sich dem Mainstream anzunähern, bezeichnet sich und sein Schaffen teilweise sogar als antifaschistisch. Einige Personen aus dem Entwickler*innen-Team stellen ihre Gesinnung mittlerweile weniger öffentlich zur Schau. Trotzdem sind noch ohne weiteres etliche eindeutige Verbindungen zur rechtsextremen Szene zu finden.
Aber spiegelt sich die vermeintliche Weltanschauung von Destructive Creations auch in ihren Spielen wieder? Wir haben die drei bereits veröffentlichten kommerziellen Spiele des Teams und deren Rezeption analysiert und in den unten verlinkten vier Kurzdossiers zusammengefasst. Des Weiteren haben wir die dem Release von War Mongrels vorangegangene PR zusammengefasst und unter Berücksichtigung der Vorgeschichte von Destructive Creations eingeordnet.
In diesem Sinne: Keinen Pixel den Faschisten!
Kurzdossiers
Update Nov. 2021: Kleinere Korrekturen, u.a. Bildunterschriften angepasst.