Wir nahmen die bevorstehende Landtagswahl in Niedersachsen am 09.10.22 zum Anlass, um die dort antretenden demokratischen Parteien bezüglich ihres Vorgehens gegen die Radikalisierung in Gaming-Communitys zu befragen. Die AfD betrachten wir aus offensichtlichen Gründen nicht als demokratische Partei und haben dementsprechend keine*n ihrer Vertreter*in kontaktiert. Von den übrigen Parteien wollten wir wissen, wie sie zu den genannten Inhalten stehen. Hierzu formulierten wir sechs einfache und direkte Fragen, mit denen wir uns an die jeweiligen Parteibüros wandten.
Von den fünf angeschriebenen Parteien haben leider nur zwei (FDP, Die Grünen) geantwortet. Da es uns nicht sinnvoll erschien, nur diese beiden Antworten miteinander wertend zu vergleichen, haben wir uns entschieden, die Antworten der beiden Parteien auf unsere Fragen unkommentiert zu veröffentlichen.
1. Wie nehmen Sie die zunehmende Radikalisierung rechtsextremer Bewegungen im Netz wahr?
Antwort der FDP Niedersachsen
Wir verurteilen jede Form des Extremismus. Politischen Extremismus von Rechts- bis Linksextremismus lehnen wir ebenso ab, wie religiös oder nationalistisch motivierten Extremismus. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die Überhöhung der eigenen Gruppe oder Nation und die Herabwürdigung anderer sowie Drohungen und Gewalt verfügen niemals über eine moralische Überlegenheit.
Die Verlagerung von rechter Radikalisierung im Netz wird von uns in letzter Zeit verstärkt wahrgenommen. Als Problem sehen wir in diesem Bereich besonders die oftmals erst spät erkennbaren Zusammenschließungen extremer Personen und den dadurch noch steigenden Grad der Radikalisierung.
Antwort von Bündnis 90/ Die Grünen Niedersachsen
Rassismus und Rechtsextremismus sind die größte Bedrohung für unsere Demokratie. Gerade Desinformationskampagnen, etwa aus Russland, Spionage und Cyberangriffe können eine große Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen. Aber auch Hass und Hetze im Netz betreffen leider sehr viele Menschen, nicht nur im Social-Media-Bereich oder Kommentarspalten, sondern zunehmend auch im Bereich Gaming: Insbesondere in den digitalen Räumen (Foren und Online-Communitys), die die Spieler*innen nutzen, um sich auszutauschen und zu vernetzen, wird versucht, den gesellschaftlichen Diskurs nach rechts zu verschieben, menschenfeindliches Gedankengut zu verbreiten und als „normale“ Ansichten zu positionieren. Wir nehmen diese Entwicklung mit viel Besorgnis wahr.
2. Welche konkreten Vorschläge hat Ihre Partei, um gegen Rechtsextremismus/Rassismus/Sexismus/Antisemitismus etc. im Netz und speziell im Gaming-Bereich vorzugehen?
Antwort der FDP Niedersachsen
Wir wollen den eSport in Niedersachsen durch mehr Mittel für Medienkompetenz von Kindern und Jugendlichen, schnelleres Internet und wissenschaftliches Evaluation fördern und begleiten und so auch vor den Gefahren des Rechtsextremismus/Rassismus/Sexismus/Antisemitismus sensibilisieren.
Antwort von Bündnis 90/ Die Grünen Niedersachsen
Ein großer Teil der Gesellschaft sieht Hass und Hetze im Internet als großes Problem und die Sicherheitsbehörden im Kampf dagegen schlecht aufgestellt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für ein entschiedenes staatliches Vorgehen gegen Hasskriminalität und für klare gesetzliche Regelungen gegen jegliche Formen der Ausgrenzung. Deswegen setzen wir uns dafür ein, dass die Sicherheitsbehörden besser aufgestellt werden – es braucht mehr digitale Ermittlungen und bei der Polizei und Justiz müssen Ressourcen ausgebaut werden, um Straftaten im Netz schneller und besser aufzuklären. Beispielsweise wollen wir die Zentralstelle zur Bekämpfung von Hasskriminalität bei der Staatsanwaltschaft Göttingen stärken.
Neben der konsequenten strafrechtlichen Verfolgung wollen wir außerdem den Ausbau der Präventions- und Aufklärungsarbeit in Schulen stärken, Behörden mit Werkzeugen und Maßnahmen gegen Hass und Hetze ausrüsten, Betroffene besser schützen und Hilfsangebote ausbauen. Wichtig sind uns insbesondere Präventionsangebote mit stärkeren Beratungs- und Vernetzungsstrukturen für Menschen, die von Beleidigungen und Drohungen im Netz betroffen sind. Speziell im Netz- und Gaming-Bereich leistet die Niedersächsische Landeszentrale für Politische Bildung einen großen Beitrag für mehr Prävention und Aufklärung. Wir wollen ihre Arbeit weiterhin stark unterstützen, indem wir in den kommenden Jahren für sie mehr Mittel bereitstellen und ihren Ausbau begleiten.
3. Welche Maßnahmen zur Umsetzung der oben genannten Vorschläge hat Ihre Partei bereits ergriffen? Gibt es von Ihrer Seite konkrete Gesetzesvorschläge für die nächste Legislaturperiode?
Antwort der FDP Niedersachsen
Bereits im Jahr 2020 haben wir einen Antrag in den Landtag eingebracht, um den E‑Sport umfangreicher zu unterstützen. Unter anderem sah diese parlamentarische Initiative vor, den E‑Sport als gemeinnützig anerkennen zu lassen und damit förderfähig zu machen.
Antwort von Bündnis 90/ Die Grünen Niedersachsen
Ende 2018 hat die Grüne Landtagsfraktion Akteur*innen und Verbände zu einem Fachgespräch eingeladen, um über eSports im Allgemeinen zu sprechen und welcher Unterstützung es bedarf. Daraus ist auch ein Entschließungsantrag entstanden (Drucksache 18/2692), der die Forderung an die Landesregierung enthält, den organisierten eSport in die Pflicht zu nehmen, um die bestehenden Defizite bei der Geschlechtergerechtigkeit im eSport zu bekämpfen und um Konzepte gegen Sexismus, Hass und Hetze und sexualisierte Gewalt im eSport zu entwickeln und entsprechende Bemühungen durch die Politik zu unterstützen. Diese Gespräche mit den Akteur*innen und Verbänden wollen wir fortführen. Auch in einem Entschließungsantrag der Landtagsfraktion von Anfang 2021 geht es darum, die Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus, Muslimfeindlichkeit und alle anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Regelstrukturen aller gesellschaftlichen Bereiche auszubauen und stärken (Drucksache 18/8340).
4. Gibt es von Ihrer Partei Vorschläge, präventiv gegen aufkommenden Rechtsextremismus innerhalb des Gaming-Bereiches vorzugehen?
Antwort der FDP Niedersachsen
In Niedersachsen möchten wir an der Polizei-Akademie einen Cybersecurity-Campus mit einer zusätzlichen Professur einrichten, um Polizeistudenten bereits während des Bachelors auf das Thema vorzubereiten und gezielt zu schulen. Gleichzeitig macht das Internet vor Landesgrenzen nicht halt, weswegen zur effektiven Bekämpfung Maßnahmen sowohl auf Bundes- als auch auf europäischer Ebene direkt umgesetzt und unterstützt werden müssen.
Antwort von Bündnis 90/ Die Grünen Niedersachsen
Siehe Antworten auf die Fragen 2 und 3.
5. Für wie sinnvoll halten Sie es, Rechextremismus-Prävention und ‑Aufklärung über Hass im Netz in den Schulen in den Lehrplan, z.B. im Rahmen eines Medienbildungs- und Medienkompetenzkonzepts, zu integrieren? Oder hat Ihre Partei andere Präventionspläne?
Antwort der FDP Niedersachsen
Wir sehen politische Bildung als Grundlage an, um die jüngere Generation präventiv über alle verfassungsfeindlichen Strömungen der Gesellschaft online sowie offline aufzuklären. Es ist uns ein Anliegen, alle Akteure der politischen Bildung in Niedersachsen zu vernetzten und zu sichern, um die Bildung in diesem Bereich zu intensivieren.
Antwort von Bündnis 90/ Die Grünen Niedersachsen
Die Themen Medienkompetenz, Datenschutz und Netzsicherheit müssen sowohl in der Ausbildung der Lehrkräfte als auch der Schüler*innen eine wichtige Rolle spielen. Desinformationen und Filterblasen müssen als solche erkannt und Informationen korrekt eingeordnet werden können. Insbesondere auch im Bereich Hass und Hetze im Netz müssen Lehrkräfte, Schüler*innen und Eltern sensibilisiert werden.
Passend ist hier sicher auch das Projekt „Schulen ohne Rassismus – Schulen mit Courage“ mit bundesweit 3.000 Schulen und 2 Millionen Schüler*innen zu erwähnen. Sie setzen sich im Schulalltag insbesondere mit den Themen „Rassismus und Antisemitismus“ auseinander. Da die Schulen eine zentrale Rolle bei der Auseinandersetzung mit rechten Ideologien spielen, ist das Projekt vorbildlich. Wir ermutigen die Schulen, sich an dem Programm Schule ohne Rassismus zu beteiligen. Wir möchten das Programm „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ weiter
stärken. Programme der politischen Bildung gegen Hass und Hetz im Netz wollen wir ausweiten und zusätzliche Beratungs- und Unterstützungsangebote für Betroffene schaffen. So soll auch die Landeszentrale für politische Bildung weiter ausgebaut werden.
6. Wie stehen Sie zur Förderung inklusiver und kulturell-diverser Videospiele? Gibt es hier konkrete Pläne?
Antwort der FDP Schleswig-Holstein
Wir denken, dass eSport im Allgemeinen als echtes Inklusionsprojekt gesehen werden kann. E‑Sport bietet durch die Vereinsstrukturen die Möglichkeit, über körperliche Voraussetzungen hinaus Menschen mit und ohne Behinderungen zusammenzubringen und Personen verschiedenster kultureller Herkünfte zu verbinden.
Antwort von Bündnis 90/ Die Grünen Niedersachsen
Allgemein setzen wir uns für einen Ausbau der Computerspiel-Förderung in Niedersachsen ein. Die Förderung von inklusiven und kulturell-diversen Videospiele wollen wir gerne berücksichtigen und weitestgehend unterstützen, schließlich gibt es hier noch großes Ausbaupotential in der Gaming-Branche.