Wir wollen nicht nur auf theoretischer Ebene helfen, über das Problem rechter Strukturen in Gaming-Communitys aufzuklären und Spieler*innen für dieses Thema zu sensibilisieren, sondern auch aktiv Lösungsvorschläge anbieten, um im direkten Umgang mit rechtsradikalen Äußerungen, Handlungen etc. richtig reagieren zu können. Dazu haben wir im Folgenden verschiedene Handlungsempfehlungen zusammengetragen.
Rechtsradikale Beiträge konsequent melden!
Das größte Problem vieler Gaming-Communitys ist nicht etwa das Fehlen klarer Richtlinien zum Thema “Rechtsradikalität”, sondern eher das konsequente Einhalten dieser Regeln. Oft, wenn man Moderator*innen betroffener Orte auf dieses Thema anspricht, wird gesagt, dass es bei der Vielzahl an Unterforen, Beiträgen, Spielen etc. schwierig sei, alles zu überprüfen. Gerade für Communitys um größere Spiele ist das durchaus nachvollziehbar: Wo mehr als 1000 Partien pro Tag gespielt werden, ist eine konsequente Durchsetzung der Richtlinien ohne genügend Kontrollen kaum möglich. Als Hilfsmittel wird hier oft eine Meldefunktion angeboten, über die die Moderation direkt auf problematische Inhalte aufmerksam gemacht werden kann, auch wenn die Umsetzung dieser offiziellen Meldewege mal besser, mal schlechter ist. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Spieler*innen aktiv dazu beitragen, entsprechende Beiträge mit rechtsradikalem Gedankengut zu melden. Dort, wo rassistische, antisemitische oder antifeministische Beiträge einfach hingenommen und “übersehen” werden, finden Rechtsradikale den Raum, um für ihre Ideologie werben zu können. Nach solchen Orten suchen sie gezielt: Ein anfänglicher gelegentlicher, geduldeter Hasskommentar kann also schnell den Weg für rechte Gruppen in die eigene Community öffnen. Das Melden dieser Beiträge (egal, ob nun innerhalb einer Partie, in einem Forum oder an anderer Stelle) kann dabei helfen, die entsprechenden Spieler*innen zu finden und sie für ihr Verhalten zu sanktionieren. Dasselbe gilt dabei nicht nur für Sprach- und Textbeiträge, sondern auch für Profilbilder, User-erstellte Inhalte wie Spiele-Modifikationen und viele mehr.
Betroffene unterstützen!
Neben dem Melden der Täter ist es aber genauso wichtig, auch von Diskriminierung betroffenen bzw. in der entsprechenden Situation angegriffenen Menschen zur Seite zu stehen. Rassistische Kommentare innerhalb eines Spiels, sexistische Äußerungen in Forenbeiträgen oder organisierte Hasskommentare gegen antifaschistische Blogs sind leider keine Seltenheit und hinterlassen bei den Betroffenen Stress und oftmals ein Gefühl der Hilflosigkeit. Schon allein deshalb ist es wichtig, ihnen zuzuhören, wenn sie Diskriminierungsformen ansprechen, sie zu unterstützen und sich klar zu gegen die Angreifer zu positionieren. Solidarität kann zum einen dabei helfen, daran zu erinnern, dass Betroffene nicht alleine sind, zum anderen aufzeigen, dass den Attacken kleiner, rechter Gruppen eine Mehrheit an antifaschistisch denkenden Personen gegenübersteht.
Effektive Gesprächsstrategien
Zu diesem Punkt sei gesagt, dass es aufgrund der vielen unterschiedlichen Situationen kaum möglich ist, für jede Diskussion oder Debatte mit Rechtsextremen genau die richtigen Leitlinien zu finden. Außerdem richten sich die Vorschläge, die wir hier anbieten, vor allem an Leute, die solidarisch sein und von Angriffen Betroffene unterstützen wollen. Denn Betroffene haben schlicht sehr oft nicht die Wahl, wie sie auf rechtsradikale Angriffe reagieren, eben weil sie das Ziel dieser Angriffe sind. Das stimmt umso mehr, da sich diese Gespräche gerade im Gaming-Kontext sehr oft innerhalb eines anonymen Rahmens ereignen und deshalb nur schwierig mit einem “normalen” Gespräch vergleichbar sind. Oft ist nicht ersichtlich, ob jemand unreflektiert Rassismen etc. reproduziert oder ganz bewusst Hass streut, um gegen bestimmte Menschengruppen aufzuwiegeln, was im Übrigen immer wieder auch eine bewusste Strategie von Rechtsradikalen ist. In ersterem Falle lohnt sich ein Hinweis durchaus, gerade wenn er von mehr als einer Person im Chat oder Voice Chat stattfindet. Letztere hingegen warten nur darauf, Widerspruch zu ernten und eine Diskussion zu beginnen, in der sie mit ihren Argumenten unbeteiligte Zuschauer auf ihre Seite ziehen wollen. Rechtsradikale neigen dazu, in die Defensive zu gehen, wenn sie konfrontiert werden, um ihrem Gegenüber dieselbe Feindseligkeit vorzuwerfen, die sie selbst gerade ins Spiel gebracht haben. Wichtig ist es in jedem Fall, nicht auf inhaltliche Köder in diesen Äußerungen einzugehen, da der Gegenüber selten an einer ernsthaften “Diskussion” interessiert ist. Im Zweifel bleibt also in letzter Instanz oft nur die Möglichkeit entsprechende Spieler*innen bewusst durch Ignorieren oder Stummschalten aus dem Chat auszuschließen und sie (nach dem Spiel oder direkt über eine eingebaute Funktion im Chat) dann konsequent zu melden. Auch außerhalb der Spiele ist ein ähnliches Vorgehen zu empfehlen, auch wenn z.B. in Foren (neben dem Melden) einmal ein kurzes, aber klares Gegenstatement gepostet werden sollte. Dort sind rechtsradikale Beiträge (bis sie hoffentlich gelöscht werden) länger sichtbar und sollten nicht unkommentiert bleiben.
Klare antifaschistische Haltung zeigen!
Videospiele sind heute nicht mehr aus unserer Gesellschaft wegzudenken. Über 30 Mio. Menschen in Deutschland spielen Videospiele und somit sind sie längst Teil unserer “Alltagskultur” geworden. Deswegen ist es aber auch notwendig, sie nicht losgelöst von gesamtgesellschaftlichen Fragen zu betrachten, sondern im Gegenteil: Videospiele müssen auch Antworten auf eben diese Fragen bieten. Für das Problem der erstarkenden Rechtsradikalität bedeutet das, dass Videospiele (und ihre Spieler*innen) nicht in einer “unpolitischen” Haltung verharren dürfen, sondern sich klar gegen Rechts positionieren müssen. Diese Positionierung beinhaltet dabei die vorher bereits angesprochenen Punkte, bietet aber auch weitere Möglichkeiten, Antifaschismus im Gaming-Bereich fest zu verankern: Teilt antifaschistische, antirassistische und feministische Texte und Beiträge, folgt entsprechenden Blogger*innen, Entwickler*innen und Aktivist*innen oder setzt euch aktiv für Vielfalt innerhalb der Videospielkultur ein. Auch auf ganz kleiner Ebene lässt sich schon etwas bewirken. Sprecht euch beispielsweise in euren Profiltexten für eine freie, offene Gesellschaft aus, oder macht marginalisierte Gruppen sichtbar, indem ihr Beiträge teilt oder eure eigenen Pronomen (zum Beispiel “she/her, sie/ihm”) in eurem Profil teilt.
Durch aktives Engagement können wir gemeinsam dazu beitragen, dass Videospiele ein Raum für Vielfalt und Toleranz werden, in dem Faschismus keinen Platz hat. Getreu nach unserem Motto „Keinen Pixel den Faschisten“.
- Yasmina Banaszczuk: Toxic Gaming. Rassismus, Sexismus und Hate Speech in der Spieleszene. (https://www.bpb.de/apuz/294444/toxic-gaming-rassismus-sexismus-und-hate-speech-in-der-spieleszene?p=0)
- Kristina Reymann-Schneider: Toxische Spielkultur: Wie umgehen mit Sexismus unter Gamern? (https://www.dw.com/de/toxische-spielkultur-wie-umgehen-mit-sexismus-unter-gamern/a‑50045031)
- Rosa Luxemburg-Stiftung: HALTUNG ZEIGEN! – GESPRÄCHSSTRATEGIEN GEGEN RECHTS (https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/Broschure_A6_Rechtspopulismus.pdf)
- bpb: Wie mit Rechtsextremen umgehen? (https://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/236165/wie-mit-rechtsextremen-umgehen)
Gaming und Hate Speech: Computerspiele in zivilgesellschaftlicher Perspektive. Herausgegeben von der Amadeu Antonio Stiftung. (https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/gaming-internet‑1.pdf)