Wir wollen nicht nur auf the­o­retis­ch­er Ebene helfen, über das Prob­lem rechter Struk­turen in Gam­ing-Com­mu­ni­tys aufzuk­lären und Spieler*innen für dieses The­ma zu sen­si­bil­isieren, son­dern auch aktiv Lösungsvorschläge anbi­eten, um im direk­ten Umgang mit recht­sradikalen Äußerun­gen, Hand­lun­gen etc. richtig reagieren zu kön­nen. Dazu haben wir im Fol­gen­den ver­schiedene Hand­lungsempfehlun­gen zusammengetragen.

Rechtsradikale Beiträge konsequent melden!

Das größte Prob­lem viel­er Gam­ing-Com­mu­ni­tys ist nicht etwa das Fehlen klar­er Richtlin­ien zum The­ma “Recht­sradikalität”, son­dern eher das kon­se­quente Ein­hal­ten dieser Regeln. Oft, wenn man Moderator*innen betrof­fen­er Orte auf dieses The­ma anspricht, wird gesagt, dass es  bei der Vielzahl an Unter­foren, Beiträ­gen, Spie­len etc. schwierig sei, alles zu über­prüfen. Ger­ade für Com­mu­ni­tys um größere Spiele ist das dur­chaus nachvol­lziehbar: Wo mehr als 1000 Par­tien pro Tag gespielt wer­den, ist eine kon­se­quente Durch­set­zung der Richtlin­ien ohne genü­gend Kon­trollen kaum möglich. Als Hil­f­s­mit­tel wird hier oft eine Melde­funk­tion ange­boten, über die die Mod­er­a­tion direkt auf prob­lema­tis­che Inhalte aufmerk­sam gemacht wer­den kann, auch wenn die Umset­zung dieser offiziellen Meldewege mal bess­er, mal schlechter ist. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, dass Spieler*innen aktiv dazu beitra­gen, entsprechende Beiträge mit recht­sradikalem Gedankengut zu melden. Dort, wo ras­sis­tis­che, anti­semi­tis­che oder antifem­i­nis­tis­che Beiträge ein­fach hin­genom­men und “überse­hen” wer­den, find­en Recht­sradikale den Raum, um für ihre Ide­olo­gie wer­ben zu kön­nen. Nach solchen Orten suchen sie gezielt: Ein anfänglich­er gele­gentlich­er, gedulde­ter Has­skom­men­tar kann also schnell den Weg für rechte Grup­pen in die eigene Com­mu­ni­ty öff­nen. Das Melden dieser Beiträge (egal, ob nun inner­halb ein­er Par­tie, in einem Forum oder an ander­er Stelle) kann dabei helfen, die entsprechen­den Spieler*innen zu find­en und sie für ihr Ver­hal­ten zu sank­tion­ieren. Das­selbe gilt dabei nicht nur für Sprach- und Textbeiträge, son­dern auch für Pro­fil­bilder, User-erstellte Inhalte wie Spiele-Mod­i­fika­tio­nen und viele mehr.

Aus­führliche Melde­funk­tio­nen (wie hier aus Over­watch) sind in vie­len Spie­len bere­its vorhan­den. Screen­shot aufgenom­men am 14.07.2020.

Betroffene unterstützen!

Neben dem Melden der Täter ist es aber genau­so wichtig, auch von Diskri­m­inierung betrof­fe­nen bzw. in der entsprechen­den Sit­u­a­tion ange­grif­f­e­nen Men­schen zur Seite zu ste­hen. Ras­sis­tis­che Kom­mentare inner­halb eines Spiels, sex­is­tis­che Äußerun­gen in Foren­beiträ­gen oder organ­isierte Has­skom­mentare gegen antifaschis­tis­che Blogs sind lei­der keine Sel­tenheit und hin­ter­lassen bei den Betrof­fe­nen Stress und oft­mals ein Gefühl der Hil­flosigkeit. Schon allein deshalb ist es wichtig, ihnen zuzuhören, wenn sie Diskri­m­inierungs­for­men ansprechen, sie zu unter­stützen und sich klar zu gegen die Angreifer zu posi­tion­ieren. Sol­i­dar­ität kann zum einen dabei helfen, daran zu erin­nern, dass Betrof­fene nicht alleine sind, zum anderen aufzeigen, dass den Attack­en klein­er, rechter Grup­pen eine Mehrheit an antifaschis­tisch denk­enden Per­so­n­en gegenübersteht.

Effektive Gesprächsstrategien

Zu diesem Punkt sei gesagt, dass es auf­grund der vie­len unter­schiedlichen Sit­u­a­tio­nen kaum möglich ist, für jede Diskus­sion oder Debat­te mit Recht­sex­tremen genau die richti­gen Leitlin­ien zu find­en. Außer­dem richt­en sich die Vorschläge, die wir hier anbi­eten, vor allem an Leute, die sol­i­darisch sein und von Angrif­f­en Betrof­fene unter­stützen wollen. Denn Betrof­fene haben schlicht sehr oft nicht die Wahl, wie sie auf recht­sradikale Angriffe reagieren, eben weil sie das Ziel dieser Angriffe sind. Das stimmt umso mehr, da sich diese Gespräche ger­ade im Gam­ing-Kon­text sehr oft inner­halb eines anony­men Rah­mens ereignen und deshalb nur schwierig mit einem “nor­malen” Gespräch ver­gle­ich­bar sind. Oft ist nicht ersichtlich, ob jemand unre­flek­tiert Ras­sis­men etc. repro­duziert oder ganz bewusst Hass streut, um gegen bes­timmte Men­schen­grup­pen aufzuwiegeln, was im Übri­gen immer wieder auch eine bewusste Strate­gie von Recht­sradikalen ist. In ersterem Falle lohnt sich ein Hin­weis dur­chaus, ger­ade wenn er von mehr als ein­er Per­son im Chat oder Voice Chat stat­tfind­et. Let­ztere hinge­gen warten nur darauf, Wider­spruch zu ern­ten und eine Diskus­sion zu begin­nen, in der sie mit ihren Argu­menten unbeteiligte Zuschauer auf ihre Seite ziehen wollen. Recht­sradikale neigen dazu, in die Defen­sive zu gehen, wenn sie kon­fron­tiert wer­den, um ihrem Gegenüber dieselbe Feind­seligkeit vorzuw­er­fen, die sie selb­st ger­ade ins Spiel gebracht haben. Wichtig ist es in jedem Fall, nicht auf inhaltliche Köder in diesen Äußerun­gen einzuge­hen, da der Gegenüber sel­ten an ein­er ern­sthaften “Diskus­sion” inter­essiert ist. Im Zweifel bleibt also in let­zter Instanz oft nur die Möglichkeit entsprechende Spieler*innen bewusst durch Ignori­eren oder Stumm­schal­ten aus dem Chat auszuschließen und sie (nach dem Spiel oder direkt über eine einge­baute Funk­tion im Chat) dann kon­se­quent zu melden. Auch außer­halb der Spiele ist ein ähn­lich­es Vorge­hen zu empfehlen, auch wenn z.B. in Foren (neben dem Melden) ein­mal ein kurzes, aber klares Gegen­state­ment gepostet wer­den sollte. Dort sind recht­sradikale Beiträge (bis sie hof­fentlich gelöscht wer­den) länger sicht­bar und soll­ten nicht unkom­men­tiert bleiben.

Um Recht­sex­treme und ähn­liche Prob­lem­fälle bere­its ingame ignori­eren zu kön­nen, bieten viele Spiele die Möglichkeit, einzelne Spieler*innen stum­mzuschal­ten (Hier DotA 2). Screen­shot aufgenom­men am 14.07.2020

Klare antifaschistische Haltung zeigen!

Videospiele sind heute nicht mehr aus unser­er Gesellschaft wegzu­denken. Über 30 Mio. Men­schen in Deutsch­land spie­len Videospiele und somit sind sie längst Teil unser­er “All­t­agskul­tur” gewor­den. Deswe­gen ist es aber auch notwendig, sie nicht los­gelöst von gesamt­ge­sellschaftlichen Fra­gen zu betra­cht­en, son­dern im Gegen­teil: Videospiele müssen auch Antworten auf eben diese Fra­gen bieten. Für das Prob­lem der erstark­enden Recht­sradikalität bedeutet das, dass Videospiele (und ihre Spieler*innen) nicht in ein­er “unpoli­tis­chen” Hal­tung ver­har­ren dür­fen, son­dern sich klar gegen Rechts posi­tion­ieren müssen. Diese Posi­tion­ierung bein­hal­tet dabei die vorher bere­its ange­sproch­enen Punk­te, bietet aber auch weit­ere Möglichkeit­en, Antifaschis­mus im Gam­ing-Bere­ich fest zu ver­ankern: Teilt antifaschis­tis­che, anti­ras­sis­tis­che und fem­i­nis­tis­che Texte und Beiträge, fol­gt entsprechen­den Blogger*innen, Entwickler*innen und Aktivist*innen oder set­zt euch aktiv für Vielfalt inner­halb der Videospielkul­tur ein. Auch auf ganz klein­er Ebene lässt sich schon etwas bewirken. Sprecht euch beispiel­sweise in euren Pro­fil­tex­ten für eine freie, offene Gesellschaft aus, oder macht mar­gin­al­isierte Grup­pen sicht­bar, indem ihr Beiträge teilt oder eure eige­nen Pronomen (zum Beispiel “she/her, sie/ihm”) in eurem Pro­fil teilt.

Durch aktives Engage­ment kön­nen wir gemein­sam dazu beitra­gen, dass Videospiele ein Raum für Vielfalt und Tol­er­anz wer­den, in dem Faschis­mus keinen Platz hat. Getreu nach unserem Mot­to „Keinen Pix­el den Faschisten“.

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Gam­ing und Hate Speech: Com­put­er­spiele in zivilge­sellschaftlich­er Per­spek­tive. Her­aus­gegeben von der Amadeu Anto­nio Stiftung. (https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/w/files/pdfs/gaming-internet‑1.pdf)